Ketten der goldfarbenen Binärzeichen 0 und 1 hängen wie Lametta herab.

Wem gehört der
Datenschatz?

Daten sind das neue Gold, hört man oft. Fragt sich nur, wem Daten eigentlich gehören, wer nach ihnen schürfen und sie vermarkten darf.

Im Markt der Mobilitätsdienstleistungen herrscht Goldgräberstimmung. Viele wollen an die fette Beute digitaler Daten herankommen und aus ihnen Mehrwerte schaffen, die den Autofahrern bares Geld wert sind. Konkret geht es um den Zugriff auf die riesigen Datenmengen, die moderne Autos erzeugen und aus denen sich neuartige und lukrative digitale Services schneidern lassen.

Die Cloud bringt alle schneller ans Ziel

Ein Beispiel: Wenn Fahrzeuge miteinander vernetzt sind und außerdem mit stationären Anlagen wie Ampeln kommunizieren, lässt sich der Verkehrsfluss viel geschmeidiger steuern. Ein cloudbasiertes Verkehrsmanagementsystem weiß dann, wie viele Fahrzeuge in einer definierten Region aktuell unterwegs sind und kennt ihre Fahrtziele. Ampelphasen würden sich mit diesen Informationen nachfrageorientiert steuern lassen, Navigationssysteme könnten ihre Routenempfehlungen untereinander abstimmen und so über das Straßennetz verteilen, dass alle Verkehrsteilnehmer möglichst schnell ans Ziel kommen. Ein auf diese Weise vernetzter Verkehr würde auch günstige Voraussetzungen für das von vielen Herstellern geplante automatisierte oder autonome Fahren schaffen.

Verbände laufen Sturm gegen Monopolisten

Schöne neue Welt? Zumindest eine reizvolle Perspektive. Die Frage ist nur, wem das Datengold gehört, das sich im Verkehrssektor schürfen lässt. Vor kurzem hat sich eine große Allianz von Verbraucher- und Industrieverbänden an die Öffentlichkeit und die Europäische Kommission gewandt. Ihre Forderung: ein geregelter und möglichst freier Zugang zu Fahrzeugdaten und den damit verbundenen Chancen für digitale Dienstleistungsgeschäfte. Das Bündnis, zu dem unter anderem die Spitzenverbände der europäischen Automobilzulieferer, des Werkstattgewerbes, der Leasing- und Mietwagenanbieter, der Datendienstleister und nicht zuletzt der Verbraucherschützer gehören, fürchtet um den Wettbewerb. Sie fordern Möglichkeiten, in diesem aufkommenden Markt mitzumischen und die Transparenz der Datenverarbeitung.

Eine Grafik illustriert das vernetzte Verkehrssystem einer Großstadt
Vernetzte Mobilitätssysteme binden alle Verkehrsteilnehmer und die Infrastruktur ein. Bild: Adobe Stock/metamorworks

Der nur leise ausgesprochene Vorwurf ihrer Initiative: Die Fahrzeughersteller, also die großen Konzerne, die unseren Autos ihr Markenzeichen aufdrücken, besitzen ein Datenmonopol und sind nicht bereit, diese Informationen mit Dienstleistern zu teilen. Beziehungsweise sie bevorzugen bestimmte, marktbestimmende Cloud-Serviceanbieter, mit denen sie gemeinsam Digitalgeschäfte aushecken. Andere Anbieter seien ausgeschlossen. Das stehe im Widerspruch zu einem offenen Wettbewerb, in dem Fahrzeugbesitzer selbst entscheiden können, welche Dienste und welche Anbieter sie nutzen wollen.

Milliardenschwerer Markt soll offen für alle sein

Übertragen auf einen anderen Alltagsbereich: Würden Verbraucher es hinnehmen, dass ein Smartphone-Hersteller Modelle auf den Markt bringt, die ausschließlich mit Vertragsbindung an einen bestimmten Mobilfunk-Provider nutzbar und deren Apps nicht kompatibel mit anderen Handys sind? Vermutlich nicht, weil sich der Mobilfunkmarkt in Richtung Technologieoffenheit und Wettbewerb entwickelt hat – davon profitieren nicht zuletzt wir Kunden mit der Wahlmöglichkeit unter Anbietern und Tarifen, die am besten zu unseren Bedürfnissen passen.

EU-Kommission wäre am Zug, kommt aber nicht in die Pötte

Den Markt für digitale Mobilitätsservices taxiert die EU-Kommission auf ein globales Volumen von 400 Milliarden Euro für den Zeitraum bis 2030. Eine gigantische Goldmine also und ein starker Grund für die europäischen Interessenverbände, den EU-Kommissar für Dienstleistungen und den Binnenmarkt, Thierry Breton, energisch zum Handeln aufzufordern. Er soll endlich Rechtsvorschriften vorlegen, die den offenen Zugang zu Daten und den Weg zu einem fairen Wettbewerb unter Mobilitätsdienstleistern freimachen. Die EU-Kommission ist bei dieser Aufgabe bereits massiv verspätet – eigentlich hätten ihre Vorschläge schon vor zwei Jahren vorliegen sollen.   

Titelbild: AdobeStock/Hyperset
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