Testfahrt Genesis GV60:
Teuer, aber toll

Er ist knallegelb, er ist teuer, er ist ein reiner Stromer. Der Genesis GV60 polarisiert und wirkt auf einem Autobahn-Rastplatz wie ein rosa Einhorn. Der SUV kann was, innen wie außen und überzeugt mit Gimmicks.

Es gibt ja so Autos, die werden gefahren. Sie sind schwarz oder weiß, ok vielleicht silber. Der Außenauftritt ist unspektakulär, der Antrieb eine Sache des Geschmacks, die Optik innen wie außen eher wie ein Reihenhaus. Nicht gut, nicht schlecht, aber weit weg von speziell. Genesis ist eine Marke, die zu Hyundai gehört. Mit dem GV60 hat der Hersteller ein Fahrzeug auf den Markt gebracht, was alles andere als langweilig ist. So anders, dass wir uns für unseren Test zwei weitere Meinungen eingeholt haben. Und zwar von echten Profis: künftigen Kunden, die ehrlicher nicht sein könnten.

Protitester Fabienne und Malte

Fabienne (8 Jahre) ­beschreibt ihre Erfahrung:

„Am Besten finde ich beim Genesis die Farbe, das Design, die Zauberkugel und den Boost-Knopf. So ein Auto habe ich vor unserer Testfahrt noch nie gesehen. Dass für die Sitzbezüge keine Kuh sterben musste, finde ich richtig gut. Und dass die Heizung so schnell geht, ist auch super. Ich weiß nicht, ob ich mir so ein Auto als Familienauto vorstellen könnte, der ist schon echt teuer. Wenn mir jedoch jemand einen Genesis schenken würde, da würde ich mich aber drüber freuen. Und dann könnte ich auch länger ­gaaaanz laut Musik hören, so welche, die mir gefällt.“ Nach der Testfahrt wollte ­Fabienne die Rücksitzbank nicht mehr ­räumen.

Malte (12 Jahre) sagt:

„Boar! Mit der Boost-­Funktion geht der ja ab! Unglaublich. Das macht echt mega Bock. Ich interessiere mich sehr für Autos. Am meisten für japanische Drift-­Kärren, so mit richtig Leistung. Nissan 350 Z zum Beispiel. Auf den ersten Blick wirkt der Genesis nicht so arg sportlich. Ist ja ein SUV und kein Sportwagen. Aber die ­Testfahrt hat mich echt überzeugt. Dass sich die Seitenflanken auf dem Beifahrersitz beim Beschleunigen an den Körper drücken, das gibt so richtig guten Seitenhalt. Wenn ich meinen Führerschein mache, dann kostet das Auto ja nicht mehr so viel und kommt dann in die nähere Auswahl beim Autokauf. Elektro an sich finde ich einfach geil.“ Nach der Testfahrt zeigte mir Malte seine Lieblingsvideos von ­Beschleunigungsrennen.

In 18 Minuten von 10 auf 80 %

Gut 30 Stunden hing der ­Gelbe am hauseigenen Stromtropf, ­bevor er 100 Prozent Akku und eine Reichweite von 350 Kilometern im Tablett­monitor anzeigt. Aber wer mal kurz auf der Autobahn laden möchte, bekommt den Genesis in 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent an einer DC-Schnellladesäule. Möglich macht das die Ladetechnik mit 800 Volt. Das ist zwar nicht ganz so schnell wie Benzin oder Diesel tanken, reicht aber auch nicht für mehr als einen gemütlichen Kaffee, eine Pipipause und das ­Beantworten von eins bis zwei E-Mails. Die Pause ist zwar erzwungen, aber auch ohne ­E-Antrieb ratsam. Je nach Fahrverhalten und ­Strecke können sich die Pausen auch dehnen. Im Stadtbetrieb zum ­Beispiel wird über die Brems­energierück­gewinnung neuer Strom „gemacht“.

Malte gefällt die simple Bedienung per Touch oder Knopf.
Malte gefällt die simple Bedienung per Touch oder Knopf.
Unnötig, aber toll: Boost-Knopf

Viel Stadt, viel Strom

Heißt, wer viel Kurzstrecke und City fährt, kann von einer deutlich größeren Reichweite ausgehen als vorerst angenommen. Ganz, ganz schwierig ist es allerdings, den rechten Daumen vom Boost-Knopf am Lenkrad zu lassen. Unser Vorführer in der Sportvariante schiebt dann mit voller Leistung vorwärts – und das auf allen Vieren. Das macht richtig Spaß. Allerdings kostet das auch Reichweite. Bei einem Ladevolumen unter 100 Kilometern Reichweite verweigert er gar den „Boost-Fun“. Für Fortgeschrittene bietet der Wagen die Option, das ESP und ABS ganz auszuschalten. Völlig oldschool ist man dann ohne die kleinen Helferlein unterwegs. Das ist aber eher auf verlassenen Parkplätzen ratsam. ­Zumindest zum Üben.

Gewohnheitssache: sehr viele Knöpfe am Lenkrad.

Spielzeug für Touch-Fans

Um sich durch das komplette Portfolio im Monitor zu klicken und alle Einstellungen vorzunehmen, kann das auch etwas länger dauern – mehrere Tage. Eine echte Spielwiese für ­Touchfans. Wem das zu digital ist, hat die Option für relevante Dinge wie Lautstärkegrade echte, haptische Knöpfe zu drücken. Die tieferen Einstellungen gibt es ausschließlich per Tipp auf das Display. Wem E-Akustik zu langweilig ist, kann dort zum Beispiel zwischen ­verschiedenen Soundmodi ­wechseln. Egal, welche Wahl, die Nachbarn hören davon nichts. Denn der Sound geht nur ins Innere. Und auch da soll es möglichst geräuscharm ­zugehen, nicht zuletzt aufgrund der ­Michelin-Flüster­reifen. Die rollen, je nach Modi, dank der Aus­schäumung immer gleich leise.

Fürs Gelände ist der GV60 nicht gebaut - macht aber Spaß.

Basis ist bekannt

Die Plattform basiert übrigens auf der gleichen wie des Kia Ev6 oder des Hyundai Ionic 5. Mittlerweile recht ausgegorene Techniken in Sachen E-Mobilität. Fünf Jahre ­Gewährleistung, Service inklusive und ein kostenloses Ersatzfahrzeug bei einem Werkstattaufenhalt machen die Sache rund. Dem Ganzen steht allerdings auch ein ordentlicher Anschaffungspreis gegenüber – bei unserem Testwagen von knapp 80.000 Euro (brutto, ohne E-Auto-Prämie). Der Genesis GV60 ist also kein Schnäppchen. Aber auch ein Hingucker und eine echte Konkurrenz zu vergleichbaren ­Modellen im kleinen SUV-­Bereich der gehobenen Klasse. Dabei bietet er neben allem, was ein Auto ­können muss, auch eine ­Menge Spaß in Sachen Beschleunigung und Fahrkomfort. Natürlich nur, wenn man das mag.

Alle Bilder: Ingolf Pompe
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