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Neues Messverfahren für Diesel-Abgas

Bei Euro-6-Dieseln werden ab 1. Juli die Abgaswerte durch Partikelzählung geprüft. Experten erwarten eine höhere Durchfallquote bei der Hauptuntersuchung.

Die gute Nachricht zuerst: Diesel-Fahrzeuge werden immer sauberer, allem Schmuddel-Image zum Trotz. Dafür hat nicht zuletzt die EU-Politik gesorgt, die die Abgasnormen immer weiter verschärft hat. Die Kehrseite des Brüsseler Reinigungsprogramms: ein ziemlich unübersichtlichen Normendickicht.

Beispielsweise werden die aktuell gültigen Diesel-Abgasgrenzwerte für Neuwagen von einer Norm geregelt, die mit vollem Namen Euro 6d ISC-FCM heißt. Sie gilt seit 2020 für alle neu typgenehmigten Modelle und läuft im August 2024 aus. ISC steht dabei für In-Service-Conformity; das bedeutet, dass die Fahrzeughersteller auch einige Zeit nach der Erstzulassung zu Stichproben ihrer Modelle verpflichtet sind. Sie sollen nachweisen, dass die Autos auch im Alltagsbetrieb die Abgasnormen erfüllen. Der Zusatz FCM bedeutet, dass alle Neufahrzeuge mit einem Fuel Consumption Monitoring System ausgestattet sind, das den realen Kraftstoffverbrauch im Fahrbetrieb speichert. Über die Diagnose-Schnittstelle können diese Werte ausgelesen werden. Zweck der Vorschrift ist es, Abweichungen zwischen dem Verbrauch, den der Hersteller bei der Typzulassung angibt, und dem tatsächlichen Verbrauch sichtbar zu machen.

Auf dieses Regelwerk setzt der Gesetzgeber nun noch ein i-Tüpfelchen: das neue Verfahren zur Messung der Abgasqualität. Bisher wurde die Trübung des Rauchgases analysiert, das aus dem Auspuff kommt. Ab 1. Juli werden bei der turnusmäßigen Hauptuntersuchung, oft auch TÜV genannt, die Partikel gezählt, die das Abgas enthält. Die Neuerung gilt nur für Euro-6-Diesel, bei älteren Euro-4- und Euro-5-Fahrzeugen bleibt es beim Messen der Rauchgastrübung.

Die neue Methode gilt als deutlich aussagekräftiger. Die Rauchgastrübung ist oftmals nur auffällig, wenn der Rußpartikelfilter des Abgassystems defekt oder komplett ausgefallen ist. Die Partikelmessung, kurz PN-Messung, zeigt demgegenüber sehr präzise, wie effektiv die Abgasreinigung arbeitet. Das ist gut für die Umwelt, könnte einigen Autofahrern allerdings eine böse Überraschung bereiten. In Belgien wird die neue Messmethode bereits seit Juli 2022 angewandt und brachte hohe Auffälligkeitsraten bei der Abgasreinigung ans Licht. Ohne dass die Onboard-Diagnose eine Fehlfunktion meldete, überschritten gut zwei Prozent der geprüften Euro-6-Diesel die zulässigen Grenzwerte. In Deutschland liegt der Partikelgrenzwert bei 250.000 pro cm3 Abgas, in Belgien ist das Vierfache erlaubt. Die deutschen Fahrer von Euro-6-Dieseln dürfen also gespannt sein: ob ihr Auto anstandslos durch den TÜV kommt und ob die Hauptuntersuchung wegen des neuen Verfahrens und der dafür notwendigen Messgeräte teurer wird.   

Titelbild: AdobeStock/  wisawa222
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