Wenn’s nicht mehr
so geschmeidig läuft

Kupplungspedal drücken, ein wenig Gas geben und dann das Pedal langsam kommen lassen: Schalten ist ein Auslaufmodell, Automatikgetriebe sind im Kommen. Kein Wunder, denn moderne Automatikgetriebe schalten traumhaft. Man hört und spürt keinen Gangwechsel, alles geht blitzschnell. Das geht aber nicht ewig gut.

Bei der heutigen Verkehrsdichte ist es kein Wunder, dass immer mehr Autofahrende auf ein Automatikgetriebe setzen. Stop-and-go in der Stadt, auf Bundesstraßen und der Autobahn sind immer häufiger die Regel als die Ausnahme. Da ist so ein Helferlein, der Schalten und Kuppeln übernimmt, eine feine Sache. Doch auch das Automatikgetriebe braucht Pflege. Auch wenn viele Fahrzeughersteller heutzutage immer noch mit einer „Lifetime-Füllung“ oder „Wartungsfreiheit“ werben, sieht die Realität ganz anders aus: Sollen Automatikgetriebe dauerhaft geschmeidig schalten, dann ist regelmäßiger Service im Fachbetreib Pflicht.

Deutlich sichtbar ist der Unterschied von Alt- zu Frischöl.  Im Bild 01 die Schaubgläser im Gerät, im Bild 02 steht rechts die Probe nach dem Spülvorgang.

Schleichend

Unsauberes Schalten, verzögerter Gangwechsel, ruckeln, Geräusche, Leistungsverlust und mehr Verbrauch kündigen bei Automatikgetrieben ein Problem an. Auch ich habe bei meinem Volvo diese Veränderungen registriert, die sich gemeinerweise schleichend bemerkbar machen. Gerade beim Anfahren und beim Runterschalten bis in den Stillstand schaltete der Automat leicht ruckelnd. Leistungsverlust und Mehrverbrauch traten aber bisher noch nicht auf. Außer natürlich, wenn ich den Wohnwagen an die Kupplung gehängt hatte und mit der Familie Richtung Süden aufbrach. Anhängerbetrieb ist übrigens für jedes Getriebe Schwerstarbeit, und die Komponenten sind nicht auf diesen Dauerbetrieb ausgelegt und sollten schon alleine aus diesem Grund regelmäßig geprüft werden.

Der Unterschied nach einer Getriebeölspülung ist deutlich spürbar.
Der Unterschied nach einer Getriebeölspülung ist deutlich spürbar.

Teure Schäden

Der Tipp mit dem Automatikgetriebe-Service kam von einem Freund. Selbst hätte ich das als normalen Verschleiß hingenommen. Blöd eigentlich, denn im Vergleich zu einem Schaltgetriebe lässt bei einem DSG, PDK, DCT oder CVT (siehe dazu Kasten Artenvielfalt auf Seite …) nicht so viel reparieren. Der Aufwand wäre enorm hoch. Ein generalüberholtes Getriebe kostet um die 3.500 Euro, ein neues schnell mehr als 10.000 Euro. Da macht es schon Sinn, diesem Teil am Auto ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken.

Im Internet bin ich auf eine Fachwerkstatt in der Nähe gestoßen, die diesen Service anbietet. Als ich dort mit meinem Auto vorstellig wurde und Kfz-Meister Ronny Berthold die Situation beschrieb, nickte der nur wissend mit dem Kopf und meinte: „Ich bin froh, wenn unsere Kunden selbst rechtszeitig bemerken, dass etwas nicht stimmt. Denn das verhindert teure Reparaturen, die bis zum wirtschaftlichen Totalschaden gehen können.“ Die Sache ist klar: Das Auto wird acht Jahre alt, hat 135.000 Kilometer auf der Uhr, muss zwei Mal im Jahr mit dem Wohnwagen auf die Langstrecke – und hatte noch keinen Getriebeservice.   

Der Unterschied nach einer Getriebeölspülung ist deutlich spürbar.
Der Unterschied nach einer Getriebeölspülung ist deutlich spürbar.

Viele Jahre war ein Ölwechsel am Automatikgetriebe nicht vorgesehen. Doch die Fahrzeughersteller haben ihre Ansichten geändert und schreiben mittlerweile einen Ölwechsel alle 60.000 bis 80.000 Kilometer vor. Der Getriebehersteller ZF empfiehlt ihn alle 100.000 Kilometer oder spätestens nach acht Jahren. Denn wie das Motoröl ist auch das Automatikgetriebeöl ein Verschleißteil. Es wird heiß und kalt und zwängt sich durch Lamellen und Kolben. Abrieb und Rückstände der Komponenten des Getriebes kann das Öl nicht über Jahre hinweg aufnehmen.

Ölwechsel reicht nicht

Für Kfz-Meister Ronny Berthold ist ein Service am Automatikgetriebe Routine. Und er weiß auch, dass es wie beim Motoröl nicht reicht, das Öl abzulassen und das Getriebe neu zu befüllen. „Beim Ölwechsel über die Ölablassschraube kommen nur 40 bis 50 Prozent des Altöls aus dem System heraus. Die Ablagerungen und Verunreinigungen, die das reibungslose Funktionieren des Automatikgetriebes verhindern, verbleiben zu einem großen Teil im Getriebe. Selbst ein menschliches Haar kann die empfindlichen Magnetventile im Selbstschalter blockieren. Da hilft nur eine intensive Reinigung, bei der 100 Prozent des Altöls ausgespült werden“, weiß der Kfz-Meister.

Der Anschluss der Schäuche ans Getriebe ist manchmal ganz schön aufwändig. Bei der Spülung muss der Kfz-Meister alle Gänge mal durchschalten.
Der Anschluss der Schäuche ans Getriebe ist manchmal ganz schön aufwändig. Bei der Spülung muss der Kfz-Meister alle Gänge mal durchschalten.

Geführter Ablauf

Für den Ölwechsel gibt es spezielle Geräte, die an das Automatikgetriebe angeschlossen werden. Bei manchen Getriebearten muss vorher sogar die Getriebeölwanne abgenommen und gereinigt werden. Das ist zeitaufwändig. Beim Volvo ist dies aber nicht der Fall: Unterbodenabdeckung runter, Ölkühler entfernen, Adapter und Schläuche anschließen. Dann übernimmt das Automatikgetriebespülgerät den Ablauf und weist Kfz-Meister Berthold an, was zu tun ist.

Der Ablauf bei einer Getriebespülung ist größtenteils automatisiert. Das Gerät gibt die Mengen an Getriebeöl genau vor. Da kann nix schiefgehen.
Der Ablauf bei einer Getriebespülung ist größtenteils automatisiert. Das Gerät gibt die Mengen an Getriebeöl genau vor. Da kann nix schiefgehen.

Bis es sauber ist

Nachdem das Öl im Automatikgetriebe auf Temperatur gebracht wurde, startet der Reinigungsvorgang. Dazu pumpt das Gerät neues Getriebeöl in den Kreislauf. Dabei wird das Altöl verdrängt und fließt in einen speziellen Behälter. Der Unterschied zwischen Neu- und Altöl ist dabei deutlich in den Schaugläsern am Gerät zu erkennen. Während der Pumpaktion schaltet Kfz-Meister Berthold alle Gänge – acht an der Zahl – für 15 bis 20 Sekunden durch. Die Spülung zeigt Wirkung, denn nach und nach hellt sich das Öl im Rückflussschauglas auf. Dafür mussten aber fünf Liter Öl durchs Getriebe gejagt werden. Zum Abschluss kontrolliert Kfz-Meister Berthold noch den Ölstand am Überlaufrohr des Getriebes, nimmt eine Probe des neuen Öls (für den Fall einer Reklamation) und verschließt das System mit der Ölablassschraube. Fertig.

Fazit

Schon beim ersten Beschleunigen spüre ich: der Motor schnurrt, das Automatikgetriebe schaltet wieder geschmeidig durch. Dem anstehenden Urlaub steht nichts mehr im Wege. Merke also: wer ein Auto mit Automaten hat, sollte hin und wieder auch aufs Getriebe hören. Probleme oder Schäden kündigen sich an, und in den meisten Fällen kann eine Automatikgetriebespülung hier Abhilfe schaffen.

Artenvielfalt

ASG – Automatisches Schaltgetriebe

Das automatisierte Schaltgetriebe ähnelt in seiner Bauweise dem manuellen Schaltgetriebe. Der Unterschied ist, dass die Gangschaltung nicht über Gestänge oder Seilzüge funktioniert, sondern automatisch über computergesteuerte hydraulische oder mechanische Elemente geschalten wird. Automatisierte Getriebe werden häufig in Kleinwagen verbaut.

DSG, PDK oder DCT – Doppelkupplungsgetriebe

Das populäre Doppelkupplungsgetriebe besteht aus zwei unabhängigen Teilgetrieben und zwei Kupplungen, die getrennt in einem Gehäuse verbaut sind. Technisch gesehen ist es eigentlich ein Schaltgetriebe mit automatisierten Schaltvorgängen. Ein Teilgetriebe ist für die geraden Gänge (2, 4, 6) und eines für die ungeraden Gänge (1, 3, 7) zuständig. Beim Beschleunigen wird der der nächste Gang vom Getriebe bereits vorbereitet, bevor der eigentliche Schaltvorgang stattfindet. Sobald es dann notwendig ist, wird die Kupplung des aktuell verwendeten Getriebes geöffnet und die Kupplung des anderen Teilgetriebes geschlossen. Dieser Vorgang passiert so schnell, dass kein Zugkraftverlust zu spüren ist.

Wandlerautomatik

Die sogenannte Wandlerautomatik ist die klassische Automatik. Hier verbindet eine Flüssigkeitskupplung – der Drehmomentwandler – den Motor mit dem aus Planetenradsätzen bestehenden Getriebe. Wenn der Fahrer das Gas drückt, dreht der Motor zuerst schneller als das Getriebe. Der Drehmomentwandler funktioniert in diesem Bereich wie ein stufenloses Getriebe, indem es die Drehzahl des Getriebes an die des Motors anpasst. Sobald die Drehmomente von Motor und Getriebe übereinstimmen, funktioniert der Drehmomentwandler wie eine normale Kupplung.

CVT – Stufenloses Automatikgetriebe

Das stufenlose Getriebe CVT (Continuously Variable Transmission) ist ein Automatikgetriebe ohne Gänge, denn die Übersetzung verläuft, wie der Name schon verrät, stufenlos und variiert permanent: Das CVT-Getriebe schaltet kontinuierlich zwischen verschiedenen – fast unendlich vielen – Einstellungen und ist so besonders effizient und kraftstoffsparend, da es immer den optimalen Bereich in der Übersetzung sucht. Das Aufheulen des Motors kann beim Übersetzen als lauter wahrgenommen werden als bei anderen Automatikgetrieben. CVT-Getriebe sind auch als schaltlose oder einstufige Getriebe bekannt.

Quellen: ADAC, VW, Mercedes-Benz

Alle Bilder: Nikolaos Radis
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