Parenzana: motus-Redakteur Jan Peters auf Reisereportage in Istrien

Parenzana: auf Schmalspur
Richtung Süden

Von Italien über Slowenien nach Istrien gibt es eine alte Bahnstrecke: den Parenzana. Dieser wurde in den vergangenen Jahren zu einem Radweg ausgebaut.

Der Parenzana liegt in Istrien? Das ist doch Kroatien. Nicht ganz. Istrien ist die größte Halbinsel an der nördlichen Adria zwischen dem Golf von Triest und der Kvarner-Bucht vor Rijeka. Der weitaus größte Teil Istriens gehört zu Kroatien, ein Teil des Nordens zu Slowenien und ein kleiner Landstrich um die Ortschaft Muggia zu Italien.

Reisereportage Parenzana: die Route im Überblick

Etappe 1 

Eines vorneweg: Den Parenzana befährt man am besten mit einem Mountainbike. Für klassische Räder und auch Trekkingbikes sind die vielen Schotterwege und auch zum Teil verblockten Streckenabschnitte kein Vergnügen. Wir steigen mit unseren MTB-Pedelecs in Koper auf den Parenzana ein. Denn der Weg von Triest hierher ist unübersichtlich und größtenteils überbaut. Einen kleinen Abstecher zu Fuß oder mit dem Rad in die überschaubare Altstadt von Koper sollte man sich nicht entgehen lassen. Dort gibt es noch einige schöne venezianische Patrizierhäuser und eine imposante Kathedrale. Auf dem Rad geht es von Koper entlang der Küste nach Izola. Dieser Abschnitt ist autofrei und voll asphaltiert.

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Hohe Klippen 

Das nette Hafenstädtchen Izola kann man recht flott mit dem Rad erkunden. Von Izola gibt es einen ausgebauten Radweg durchs slowenische Inland nach Portorož. Diesen nehmen wir nicht, denn wir wollen die Klippen des Landschaftsparks Strunjan sehen. Mit ein bisschen Geschickt beim Kartenlesen kommt man auch dorthin, ohne entlang von Autostraßen fahren zu müssen. Die Halbinsel Strunjan wurde 1990 zum Schutzgebiet und 2004 zum Landschaftspark deklariert. Sehenswert sind neben der imposanten langen, teilweise bis zu 80 Meter hohen Klippe, dem Kap Ronek an der Nordseite des Parks, unter anderem noch die Überreste eines römischen Kastells, die ehemaligen Salinen und der Hafen.

Promenaden und Salzfelder 

Von Strunjan hangeln wir uns an der Küste auf schönen Radwegen entlang nach Piran. Der Abstecher lohnt sich, weil Pirna wirklich zu einem der schönsten Küstenstädten an der slowenischen Adria zählt. Dort machen wir mitten in der Stadt an einem ruhigen Platz Rast. Die Okrepcevalnica Cantina lädt ein zu gegrillten Sardinen, Pommes und kaltem Bier. Von Piran geht es an den Küstenpromenaden entlang nach Portorož und weiter an den Salinen (Salzfelder) vorbei nach Secovlje. Hier überqueren wir die Grenze nach Kroatien. Der Aufstieg auf der Bahntrasse Richtung Buje beginnt. Die Steigung ist nur gering, aber hier beginnt der Schotter. Dafür sind die Aussichten aufs Meer grandios. Oben angekommen geht es auf der alten Trasse (sehr holprig) Richtung Kaldanija. Dann sind es nur noch zwei Kilometer bis nach Volpia, wo wir im Hotel „La Parenzana“ absteigen. Rund 50 Kilometer waren es bis hierher.

Etappe 2 

Vom Hotel La Parenzana geht es zum nächsten Streckenziel: Motovun. Dieser Abschnitt ist auch der landschaftlich schönste Teil des gesamten Radweges. Dieser führt direkt vom Hotel Richtung Buje. Ein kleiner Abstecher steht an. Buje liegt auf einem 240 Meter hohen Hügel, umgeben von Olivenhainen und Weinbergen. Also erstmal muss man hinauf, um in die Altstadt zu kommen. Oben angekommen bietet sich ein Besuch des Glockenturms der Kirche des Hl. Servul an. Ihren Namen trägt sie mit Stolz vom Schutzpatron des Ortes. Bei klarer Sicht hat man vom Turm eine schöne Sicht auf Kroatien, Slowenien, Italien und Österreich. Einkehrtipp für einen Cappuccino: die Konoba San Leonardo schräg gegenüber der Kirche der Hl. Maria der Barmherzigen.

Wiederaufgebaut 

Wir fahren von Buje Richtung Grožnjan. Die Schotterpiste führt uns entlang von Weinbergen, Feldern, Olivenhainen und ziemlich viel Wildnis. Das Künstlerdorf Grožnjan ist im Sommer zwar teilweise touristisch überlaufen, dennoch sollte man sich einen Gang durch die malerischen Gassen der mittelalterlichen Altstadt nicht entgehen lassen. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort 1102. Seine heutige Bekanntheit verdankt Grožnjan dem Künstler und Bildhauer Aleksandar Rukavina. Dieser schaffte es 1965, dass die verlassenen und zum Teil zerfallenen Gebäude unentgeltlich von Künstlern bewohnt werden durften. Als Gegenleistung setzten sie sich für Erhalt und Renovierung der Gebäude ein. Das gilt bis heute.

Land des Trüffels 

Weiter geht es entlang der Parenzana auf einem Halbhöhenweg durch ziemlich unberührte Natur, über Viadukte und durch Tunnel. Auf diesem Abschnitt sollte man hin und wieder anhalten und den tollen Blick ins Mirna-Tal genießen. Grandios. Nun geht es bergab nach Livade, das heimliche Trüffel-Mekka von Istrien. Im Ort gibt es auch ein kleines Parenzana-Museum. Das Ziel Motovun ist in Sicht, der Weg dorthin ist ein bisschen beschwerlich, weil auch dieser Ort – wie sollte es auch anders sein – auf einem Hügel thront. Die Stadt über dem Mirna-Tal ist von Weinbergen umgeben und voll touristisch erschlossen: Bietet aber mit seinen Stadtmauern und Toren sowie vielen anderen Sehenswürdigkeiten und Restaurants eine Menge (Ess-)Kultur – preislich natürlich gehoben. Übernachtungsangebote für Radler gibt es ausreichend. Strecke heute: rund 44 Kilometer.

Etappe 3 

Wir verlassen Motovun am Rande des Hügels Richtung Vižinada. Der Weg geht schottrig leicht aber konstant bergauf. Oben in Vižinada angekommen erwartet einen nicht viel: eine Aussichtsplattform und ein Lokomotiven-Denkmal. Egal, weiter auf holprigen Feldwegen bergab Richtung Višnjan. Auffallend: Die Felder sind mit leuchtend roter Erde (Terra rossa) bedeckt, auf denen Wein, Oliven sowie Kürbisse gedeihen. Višnjan ist bekannt für seine Sternwarte, die zu den fünf bekanntesten der Welt zählt. Ein Sohn des Ortes, Korado Korlević, ist der Gründer der Sternwarte und der Astronomie-Schule, von welcher aus mehr als 1.200 Asteroiden und auch zwei Kometen entdeckt wurden. Die Sternwarte liegt auf dem Berg Tican, drei Kilometer östlich von Višnjan.

Lokale Köstlichkeiten 

Nach so viel Wissenschaft bekommen wir Hunger. An der Ausfallstraße von Višnjan Richtung Osten gibt es die Taverna Borgonja, die einen wunderschönen Innenhof hat. Hier werden lokale Spezialitäten zu günstigen Preisen feilgeboten. Ich nehme ein Filetsteak mit Trüffeln und Fuži (traditionelle Teigwaren aus Istrien). Dazu ein Liter Weißwein, was will man mehr? Unser Ziel ist die Küstenstadt Poreč. Küstenstadt heißt höhenmäßiges Nullniveau. Also geht es bergab. Der rund 15 Kilometer lange Abschnitt bis zur Küste ist landschaftlich nicht mehr ganz so spektakulär. Poreč hat sich in den vergangenen Jahren ziemlich ins Inland gestreckt, sodass man die Küste nach und nach auf kleinen Nebenstraßen erreicht.

Viel Kultur 

Die Altstadt von Poreč ist schön, im Sommer sind die kleinen Gässchen aber voll von Touristen. Es gibt viele Cafes und Restaurants mit Blick auf das türkis schimmernde Meer. Sehenswert ist die Euphrasius-Basilika, die Kathedrale des kroatischen Bistums Poreč-Pula. Die in ihrer heutigen Gestalt im 6. Jahrhundert errichtete Kirche ist einer der bedeutendsten Sakralbauten Kroatiens. Weil sie in späteren Zeiten kaum verändert wurde, ist sie eines der wichtigen Zeugnisse spätantiker und frühbyzantinischer Kunst im gesamten Adriaraum. Wir sind am Ende unseres Trips. Strecke heute: rund 32 Kilometer. Die insgesamt 126 Kilometer in drei Tagen sind ein lohnendes Invest, wenn man abseits der bekannten Pfade das slowenische und kroatische Istrien kennenlerne möchte.

motus-Redakteur Jan Peters

Jan Peters

fährt gerne Rad mit Antrieb. Das macht Ausfahrten leichter und entspannter. 

Bilder: Tina Staudinger

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4 Kommentare

  1. Guten Abend!
    Bin gerade Triban – Motovun und retour gefahren, das sind 56 km.
    Und während ich so sinnierte beim Strampeln, da fiel mir ein, WESHALB, die Strecke 1935 so gründlich abgebaut und ihrer Schienen beraubt wurde – sicher nicht, damit wir Mountainbiker 80 Jahre später uns so sehr daran erfreuen können, nein.
    Istrien gehörte in der Zwischenkriegszeit Italien, das es politisch-militärisch eroberte und welche die unter österreichischer Ägide gelegten Schienen aus Linz deshalb so rasch und gründlich abbauten, weil die italienischen Faschisten unter Mussolini einen enorm hohen Eisenbedarf hatten wegen des Abessinienkrieges.
    Von wegen also „Route der Gesundheit und der Freundschaft“, aber es ist nie zu spät, einen diesbezüglichen Versuch zu machen.
    Auch das Wunderloch, dass diese kurze Schmalspurroute durch drei Länder führt, braucht man gar nicht zu sein: Früher war das nämlich alles nur ein Land, und zwar nicht Italien, sondern Österreich, und die Region gehörte zusammen und war wirtschaftlich eng verflochten -ähnlich deR heutigen EU, oder war das Alte Österreich ein Gebilde, das der heutigen EU ähnlich ist.

    1. Hallo Herr Dr. Oro,
      ich hoffe, Ihnen hat die Radtour Spaß gemacht. Das waren ja schon ein paar Höhenmeter, runter ins Mirnatal, wieder hoch und retour. Tja, das mit der Vergangenheit von Istrien ist natürlich so eine Sache, und ich wollte ja keinen Geschichtsvortrag halten. Dennoch vielen Dank für den Kommentar und die Anregung. Wäre schön, wenn die Radreportage mehr interessierte Leute in diese doch so schöne Region im Hinterland bringt.
      Viele Grüße
      Jan Peters

    1. Guten Abend!
      Bin gerade Triban – Motovun und retour gefahren, das sind 56 km.
      Und während ich so sinnierte beim Strampeln, da fiel mir ein, WESHALB, die Strecke 1935 so gründlich abgebaut und ihrer Schienen beraubt wurde – sicher nicht, damit wir Mountainbiker 80 Jahre später uns so sehr daran erfreuen können, nein.
      Istrien gehörte in der Zwischenkriegszeit Italien, das es politisch-militärisch eroberte und welche die unter österreichischer Ägide gelegten Schienen aus Linz deshalb so rasch und gründlich abbauten, weil die italienischen Faschisten unter Mussolini einen enorm hohen Eisenbedarf hatten wegen des Abessinienkrieges.
      Von wegen also „Route der Gesundheit und der Freundschaft“, aber es ist nie zu spät, einen diesbezüglichen Versuch zu machen.
      Auch das Wunderloch, dass diese kurze Schmalspurroute durch drei Länder führt, braucht man gar nicht zu sein: Früher war das nämlich alles nur ein Land, und zwar nicht Italien, sondern Österreich, und die Region gehörte zusammen und war wirtschaftlich eng verflochten -ähnlich deR heutigen EU, oder war das Alte Österreich ein Gebilde, das der heutigen EU ähnlich ist.

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