Autosounds: maaauuhkk vs. 
wrnnnnnt 

Wir setzen den Blinker – klickklackklickklack. Wir legen den ­Rückwärtsgang ein –ding. Wir stoßen rückwärts in den Parklücke – pieeep pieep piep pippipip. Wir aktivieren die ­Feststellbremse –pfiuhith. Wir drücken die Stopptaste ­­ – blingbling. Wir steigen aus, schließen die Fahrertür – fump – und gehen ­von Dannen.                                              

Geräusche gehören zum Autofahren, wie die nervige Parkplatzsuche in der Stadt. Gemeint sind nicht nur Fahrgeräusche. Gemeint sind alle Sounds, die ein Auto so von sich gibt. Denn Sounddesign oder das Konstruieren von Tönen im Automobil wird immer bedeutsamer. Eine geräuschvolle Annährung an das Automobil.

Früher war alles besser… Nein, so kann man das nicht sagen… Früher war alles ehrlicher – zumindest bei den Geräuschen, die Autos von sich gegeben haben. Wie etwa beim Golf 1 oder beim Mercedes 200D: Das Geräusch der zufallenden Fahrertür war beim Golf zweckmäßig blechern, beim Auto mit dem Stern massiv satt. Heute muss man schon genauer hinhören, um einen Golf 7 von einer C-Klasse anhand des Zuschlagens der Türe zu unterscheiden.

Blinker-Sound aus den ­Tiefen der Bordelektronik

Beim Blinken war es das Geklacker eines kleines Relais, dem sogenannten Blinkgeber in der Lenksäule, das den Abbiegevorgang akustisch begleitet hat. Das Klickklack war also nicht nur elektromechanischer Impulsgeber für die Blinkerlämpchen, es war ein hörbares Signal für den Fahrer. Blinker in modernen Fahrzeugen beziehen das Signal tief aus der Bordelektronik. Die akustische Kontrolle des Blinkvorgangs hallt heute über die Lautsprecher. Wer schon einmal genau hingehört hat, wird bemerkt haben, dass bei einigen Automodellen die Musiklautstärke automatisch beim Blinkvorgang zurückgefahren wird.

Passt bequem auf eine Fingerkuppe: Mikroprozessoren steuern nicht nicht nur Antrieb und Assistenzsysteme, sie sorgen auch für die entsprechende Geräuschkulisse im Fahrzeug. Bild: AdobeStock/Szasz-Fabian Jozsef

Von Katzen und ­Plexiglasscheiben

Oder die Handbremse, die über den straffen Bremshebel und einem deutlichen Klickklickklick mit dem Fahrer kommuniziert hat, dass der Wagen gegen das Wegrollen gesichert ist. Heute, im Zeitalter der elektromechanischen Feststellbremse, ist das anders: Den Daumennagel großen Knopf betätigt und ein elektrischer Stellmotor presst die Bremsbeläge an die Bremsscheibe der hinteren Räder. Das kann sich je nach Modell schon mal wie das gelangweilte Miauen einer schläfrigen Katze – ­maaauuhk – oder wie ein Schlag auf eine ausgeleierte Plexiglasscheibe – wrnnnnnt – anhören.

Sound ist kein ­Zufallsprodukt

Kurzum: Autofahren und Autogeräusche gehören schon immer zusammen. Was früher aber der Technik oder der Materialbeschaffenheit geschuldet war, ist heute das Produkt eines ausgeklügelten Sounddesigns. Es gibt keinen Hersteller, der sich nicht ein Team aus Ingenieurinnen und Ingenieuren leistet, die dafür sorgen, dass das Klangprofil des Autos Teil der Markenbotschaft ist. Denn Akustik – auch wenn nur unterbewusst wahrgenommen – spielt zusammen mit Optik, Haptik und Olfaktorik eine entscheidende Rolle beim Autokauf. „Der Klang einer zufallenden Türe, das Blinkergeräusch und die Einparkhilfe sind keine Zufallsprodukte“, sagt Marcel Sperrhake, Sounddesigner bei VW. „Bei der Entwicklung stehen immer Designwerte im Vordergrund.“

Feststellbremsen haben ihren eigenen Sound. Bild: AdobeStock/bizoo_n

Von der Drosselklappe ­direkt aufs Ohr

Sogar beim Motorsound bedienen sich Entwicklungsteams mittlerweile akustischer Potenzmittel. Ob Fauchen, Brabbeln oder ­Blubbern: Sogenannte Soundsymposer nehmen das Ansauggeräusch an den Drosselklappen auf und leiten es über die Audioanlage in den Innenraum. Das bringt Motorsport-Feeling für die Insassen, ohne die Lärmgrenzwerte außerhalb der Fahrgastzelle zu überschreiten.

E-Sounds aus dem ­Konzertsaal

Und mit der Elektromobilität ­gewinnt das Sounddesign fürs Auto noch eine weitere Dimension hinzu. Die Automobilindustrie lässt sich nämlich nicht lumpen, wenn es um die richtige Klangkulisse der eigentlich flüsterleisen Stromer geht. BMW etwa hat keinen Geringeren als Hans Zimmer verpflichtet, sich um das Sounddesign der blau-weißen E-­Modelle zu kümmern. Wer ihn nicht kennt: Zimmer ist Filmkomponist, Arrangeur, Musikproduzent und Grammy- sowie Oscar-Gewinner in Hollywood. Er hat die ­charakter­istischen Sounds der Elektroflotte von BMW komponiert und jedem Fahrmodus seinen eigenen Sound gegeben. 

Ein Sound-Dummy sitzt immer still und hört aufmerksam zu. Bild: VW

Sich mit dem richtigen Sound zu Hause fühlen

Auch bei Volkswagen spitzen viele Spezialistinnen und Spezia­listen die Ohren und feilen am idealen Klang ihrer Modelle. Die Wolfsburger holen sich dafür die kompositorische Kreativität von keinem Geringeren als Musiklegende Leslie Mandoki an Bord. „Der Klang soll das Gefühl von Dynamik, aber auch von Sicherheit vermitteln“, so Mandoki in einem Interview. „Töne und Klangflächen haben die Aufgabe, ein Gefühl zu vermitteln, wie etwa: Ich bin jetzt angekommen in meinem fahr­baren Zuhause.“

Bevor es auf die Hebebühne geht: genau hinhören

Mit einer ganz anderen Art von Sounddesign hat es indes ­Marcus Mayer zu tun. Er gehört zum Werkstatt-Team von Mayer & Köhler im schwäbischen Göppingen und sein akustisches Einschätzungsvermögen ist regelmäßig gefragt. „Jeder zweite Werkstattbesuch bei uns hat mit ungewöhnlichen Geräuschen beim Fahren zu tun“, so Mayer. ­Deshalb lautet die Aufforderung an seine Kunden: „Beschreiben und lokalisieren Sie doch einmal das störende Geräusch, das sie beim Fahren wahrnehmen.“

Die Abgasanlage ist nur eine Geräuschquelle. Sogenannte Soundsymposer leiten den Motorsound in den Innenraum. Bild: AdobeStock/fabrus

Klappern gehört zum ­Handwerk

Die häufigsten Störgeräusche stammen von den Reifen und vom Fahrwerk. Bei den Reifen sind es der Alterungsprozess und Veränderungen am Profil, am Fahrwerk ist es der Verschleiß von Koppelstange, Stabilisator und Federbein. Mayer: „Das hört sich dann so an, also ob jemand während der Fahrt mit dem Hammer gegen den Unterboden klopft.“ Je genauer die Geräusche analysiert werden können, umso exakter fällt die Diagnose aus. Wer Geräusche richtig deuten kann, ist auf dem besten Weg, das Problem schnell zu lösen: 

  • Poltern und Klopfen kann auf ein Problem im Fahrwerk hindeuten, auf kaputte oder verschlissene Gelenke und Gummilager.
  • Röhren und Scheppern sind meist ein Signal für einen Defekt an der Auspuffanlage. Eine gelockerte Befestigungsschelle oder gar ein Loch im Endtopf gehören schleunigst repariert.
  • Knarzen beim Überfahren einer Bodenwelle ist oft der Hilfeschrei einer gebrochenen Fahrwerksfeder.
  • Ein Jaulen oder Kreischen kann auf einen verschlissenen oder nicht passenden Riemen oder ein Problem mit dem Riementrieb hindeuten. Kommt es hier zu Problemen, leiden Fahrzeug-Elektrik und -Kühlung.
  • Quietschen und Reiben beim Bremsen kann auf verschlissene Bremsbeläge oder Bremsscheiben hindeuten. Oder signalisieren, dass Belag und Scheibe beim Bremsen nicht auf ganzer Fläche aneinander reiben. In diesem Fall nicht lange warten, sondern ab in die Werkstatt.
  • Tackern im Motorraum kann auf einen Defekt im Zusammenspiel von Motorkomponenten wie Zylinder und Kolben hinweisen. Auch hier heißt es: Ab in die Werkstatt.
Wenn es röhrt und scheppert, lohnt ein Blick auf die möglicherweise defekte Abgasanlage. Bild: AdobeStock/stokkete

Wichtig bei der Geräuschanalyse: Alle losen Gegenstände in Türablagen, Handschuhfach, Mittelkonsole und sonstigem Stauraum sollten entfernt sein. Denn CD-Hüllen, Eiskratzer, oder die Kaugummidose entwickeln gerne ein akustisches Eigenleben. Ein weiterer Vorteil aufgeräumter Ablagen: Man kann die aufwendig designten Sounds aus Bordelektronik in vollen Zügen genießen.

Hier gibt’s was auf die Ohren:  

https://www.instagram.com/reel/CbK4g0uruVx/

https://www.youtube.com/watch?v=JpeukPXMWzA

Titelbild: AdobeStock/deagreez
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1 Kommentar

  1. Mein Auto macht auch Geräusche. Gut zu wissen, dass es die Reifen sein könnten. Mit denen hatte ich vor kurzem auch Probleme. Ich werde besser mal zu einer autowerkstatt gehen.

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