Einfach mal keinen
Gang runterschalten

Steigt der Zeiger des Drehzahlmessers auf über 3.000 Umdrehungen, sinkt der Pegel im Tank. Oder anders gesagt: Wer im höchstmöglichen Gang fährt und nicht zu doll aufs Gaspedal drückt, senkt den Kraftstoffverbrauch seines Autos. Spritsparen kann man trainieren – in einem Kurs. 

„Jetzt nicht runter schalten.“ Hans-Joachim Seibold von der Landesverkehrswacht Baden-Württemberg kann das Trainingsauto gut einschätzen. „Der ist geduldig, der packt das. Solange es nicht ruckelt, ist alles gut“, beruhigt mich der Fahrtrainer. Ich habe derweil den Drehzahlmesser im Blick, nehme die Hand vom Ganghebel und übe mich ebenfalls in Geduld. Die Anzeige fällt kaum unter 1.500 Umdrehungen. Also alles im grünen Bereich. Und tatsächlich – der rote Opel Vivaro schafft die Tempo-30-Zone am Hang auch im dritten Gang. „Es ist immer spritsparender, das Gaspedal bis zu zwei Dritteln durchzudrücken, als in den niedrigeren Gang zu wechseln,“ erklärt Seibold.

Von Fahrtrainer Hans-Joachim Seibold kann unsere Redakteurin Marcella noch was lernen.

Rasen ist teuer und gefährlich

Mit Bleifuß auf der Autobahn unterwegs zu sein, rät der Fahrtrainer hingegen nicht. Schon aus Sicherheitsgründen. Außerdem schluckt der Wagen ab einer gewissen Geschwindigkeit enorm viel Kraftstoff. Bei Vollgas steigt bei zunehmendem Tempo der Luftwiderstand. Der drückt gegen das Auto, das mehr Kraft aufwenden muss. Der Motor strengt sich mehr an und verbraucht daher mehr Sprit.

Vorausschauend fahren

Im Stadtverkehr benötigt das Auto seine Energie hauptsächlich dazu, das Gewicht des Fahrzeugs zu bewegen. Dazu kommt noch der Rollwiderstand. Deshalb legt Seibold seinen Trainingsteilnehmerinnen und -teilnehmern vorausschauendes Fahren ans Herz. „Am besten ist es natürlich, wenn wir gar nicht aus dem Stand anfahren müssen.“ Also rolle ich vorsichtig an den nächsten Kreisverkehr und fädle mich in eine Lücke ein. Die Ampel, wenige 100 Meter dahinter, steht noch auf Rot. Während ich mich herantaste, schaltet sie auf Grün um. Ich kann also langsam weiterfahren, ohne dass die Räder des Vivaros zum Stillstand gekommen sind. „Gut gemacht“, gibt es ein Lob vom Profi. „Je flüssiger wir unterwegs sind, desto weniger Kraftstoff verbraucht unser Auto. Das bedeutet auch, dass wir immer genug Abstand zum vorausfahrenden Auto halten. So können wir besser reagieren und vermeiden unnötige Bremsmanöver. Sicherer ist das ohnehin.“

Tipp: Regelmäßig den Reifendruck kontrollieren.

Reifendruck checken

Manch anderer Tipp, den Seibold den Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern mit auf den Weg gegeben hat, ist inzwischen kaum noch relevant. Etwa: Wer länger als 20 Sekunden vor einer Ampel warten muss, sollte den Wagen ausmachen. Moderne Autos haben inzwischen eine Start-Stopp-Automatik eingebaut. Zudem sind Schaltautos auf dem Rückzug. Der Trend geht zum Automatikgetriebe. Um Drehzahlen müssen sich die Fahrerinnen und Fahrer da nicht mehr kümmern. Noch sehr aktuell ist hingegen der Rat, regelmäßig den Reifendruck zu überprüfen, um den Rollwiderstand möglichst niedrig zu halten.

Zum Spritspar-Training gehört auch die Theorie.

Nach einer guten Stunde kommen wir wieder bei der Landesverkehrswacht in Stuttgart an. Seibold attestiert mir, dass ich schon bisher bewusst Auto fahre. Das eingesparte Spritgeld lege ich jetzt im nächsten Café erst mal in ein Stück Kuchen an.

Info

Die Landesverkehrswacht BW schult derzeit nur kommunale Mitarbeiter. Für private Interessentinnen und Interessenten fehlt die Kapazität, erklärt Geschäftsführer Dieter Speiser. Fahrschulen bieten solche Trainings allerdings ebenfalls (kostenpflichtig) an.

Kurzinterview mit Hans-Joachim Seibold

Hans-Joachim Seibold ist Moderator (Spritspartrainer) bei des Landesverkehrswacht Baden-Württemberg.
Seit wann geben Sie Spritsparkurse?

Ende der 1980er-Jahre waren der saure Regen und das Waldsterben ein großes Thema. Das trieb auch die Landesverkehrswacht um. Uns ging es damals hauptsächlich um die Verkehrssicherheit, die durch umsichtiges und vorausschauendes Fahren erhöht wird. Ich war seinerzeit einer der ersten, die zu Fahrtrainern ausgebildet wurden. Heute nennen wir sie Moderatoren.

Ist das Interesse der Autofahrerinnen und -fahrer an solchen Trainings gesunken, als das Waldsterben aus dem Fokus rückte?

Ja, tatsächlich. Das Projekt ist für einige Zeit in der Versenkung verschwunden. Doch jetzt bekommt es wieder neuen Auftrieb. Ging es damals um die Umwelt, so steht heute angesichts der stark gestiegenen Spritpreise der Geldbeutel im Vordergrund. Die Anfragen nach Spritspartrainings werden immer mehr.

Halten Sie sich denn immer selbst an Ihre Tipps?

Natürlich. Ich habe mir sogar mal ausgerechnet, wieviel Geld ich pro Jahr durch die bewusste Fahrweise einspare. Davon haben meine Frau und ich immer einen schönen Kurzurlaub gemacht. Seit ich im Ruhestand bin, habe ich gar kein eigenes Auto mehr. Ich habe mir ein Verbundticket für den öffentlichen Nahverkehr gekauft.

Alle Bilder: Thomas Hörner
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