In vielen EU-Ländern können Dieselfahrzeuge schon damit betankt werden – mit HVO100, purem hydriertem Pflanzenöl, auch Öko-Diesel genannt. Von den einen wird er als wichtiger Beitrag zur technologieoffenen Mobilitätswende gefeiert, von anderen eher kritisch beäugt. Wie steht es um den HVO-Start in Deutschland?
Das Thema E-Fuels ist in aller Munde. Der synthetische Kraftstoff soll künftig einen Beitrag zu einer klimagerechteren Verkehrswende leisten. HVO kann das schon heute, so die Befürworter. HVO steht für Hydrotreated Vegetable Oils, das sind sogenannte paraffinische Dieselkraftstoffe, die mittels Hydrierung von Fetten und Ölen gewonnen werden. Außer Pflanzenölen lassen sich auch Abfälle sowie Öle und Fette aus Reststoffen – etwa gebrauchtes Speiseöl und Frittenfett – zu HVO umwandeln.
Grundsätzlich kann jedes Diesel-Fahrzeug mit reinem HVO (HVO100) betrieben werden, und grundsätzlich tragen bio-basierte Kraftstoffe immer zur CO2-Verringerung bei. Bis zu 90 Prozent CO2 lässt sich beim Einsatz von HVO100 einsparen – und das bei vertretbaren Kosten: Berechnungen gehen davon aus, dass HVO100 rund 15 Cent pro Liter mehr kostet als herkömmlicher Diesel. Klar ist aber auch: In absehbarer Zeit wird es nicht genügend HVO100 Diesel geben, um den Bedarf der gesamten Diesel-Flotte in Deutschland zu decken.
Problem Palmöl
Entscheidend bei der Frage nach der Nachhaltigkeit von HVO-Kraftstoffen sind die eingesetzten Öle. Das Bundesumweltministerium vertritt beispielsweise die Position, dass HVO nicht grundsätzlich als nachhaltig eingestuft werden kann. 2020 wurden etwa 80 Prozent des in Deutschland eingesetzten HVO-Sprits aus Palmöl erzeugt. Palmöl wiederum steht in der Kritik, weil Palmöl-Gewinnung mit der Abholzung des Regenwalds einhergeht. Es ist also entscheidend, welche Öle beim Herstellungsprozess von HVO zum Einsatz kommen. Übrigens dürfen Biokraftstoffe aus Palmöl seit 2023 in Deutschland dank verschärfter Nachhaltigkeitskriterien nicht verkauft werden.
Politik vs. Norm vs. Hersteller
Die Bundesregierung hat den Weg für HVO100 – also Öko-Diesel in purer Form – im März 2023 frei gemacht. Der Weg von der politischen Entscheidung bis zum Anpassen einer Verordnung dauert aber, denn HVO100, wie er europaweit schon an rund 600 Tankstellen getankt werden kann, ist in Deutschland immer noch tabu.
Der Grund sind also nicht die Politik oder die Hersteller, die immer mehr Dieselmodelle für HVO100 freigeben. Der Grund heißt DIN EN 590. Das ist die maßgebende Norm für Dieselkraftstoffe in Deutschland – und der entspricht HVO100 wegen seiner zu geringen Dichte nicht. In anderen Ländern regelt die Norm DIN EN 15940 die technischen Anforderungen des Kraftstoffs – und die erfüllt HVO100 bereits. Europaweit ist HVO100 schon heute an rund 600 Tankstellen erhältlich. Genau diese Norm DIN EN 15940 ist in Deutschland das Zünglein an der Waage. Wird sie – wie die DIN EN 590 – in die Bundesimmisionsschutzverordnung (BImSchV) aufgenommen, dann steht dem Verkauf des reinen Öko-Diesel hierzulande nichts mehr im Wege. Wann es soweit sein wird? Klar ist, die Politik hat den Behörden den Auftrag zur Anpassung der entsprechenden Verordnung gegeben. Ob die Behörden den Auftrag noch in diesem Jahr umsetzen, bleibt abzuwarten.
Auch der ADAC wollte wissen, wie HVO100 von bekannten Dieselmodellen vertragen werden und hat einen BMW 320d und einen VW Touran TDI getestet. Ergebnis: Beide Fahrzeuge haben den HVO100-Versuch überstanden und weniger schädliche Abgase ausgestoßen. Beim Öko-Diesel sank der Stickstoff-Ausstoß um rund 40 Prozent. Zwar stieg der Verbrauch aufgrund der niedrigeren Energiedichte von HVO bei beiden Testkandidaten leicht an, in der Endabrechnung blieben die CO2-Emission aber gleich. Auch deshalb fordert auch der ADAC , dass die Freigabe für den regulären Verkauf von HVO in Deutschland endlich kommen muss, wie es auch in anderen EU-Ländern bereits üblich ist.