Fünf PS und Muskelkraft der Fahrgäste
Am 18. März 1895 war es soweit: Der erste Linienbus der Welt nahm seinen Betrieb auf. Für die meist gut betuchten Fahrgäste bedeutete das allerdings nicht einfach entspannt im Bus sitzen, Musik hören und sich am Smartphone die Zeit vertreiben. Und zwar nicht nur, weil es damals noch keine Smartphones gab. War die Steigung zu steil, steckte ein Reifen in einem Schlagloch oder war es nass und die Reifen hatten zu wenig Grip, waren die Muskeln der Fahrgäste gefragt. Mit vereinter Kraft schoben sie den fünf PS starken Omnibus an, damit die Fahrt weitergehen konnte. Wenn nicht gerade eine Pferdekutsche in der Nähe war. Denn damit die Pferde nicht scheu wurden, musste der Busfahrer den Motor abstellen und warten, bis die Kutsche vorbei war.
Apotheker als Treibstofflieferanten
Entsprechend lange dauerte die Reise: Für die knapp 15 Kilometer lange Strecke von Siegen über Weidenau und Netphen nach Deuz im Siegerland östlich von Köln benötigte der Omnibus rund eine Stunde und 20 Minuten. Zum Vergleich: Heute ist die Strecke in rund 30 Minuten zu bewältigen. Zweimal am Tag verkehrte der Bus zwischen den beiden Städten. Öfter war es nicht möglich, schließlich war Benzin ein kostbares Gut und Tankstellen gab es noch nicht. Deshalb musste der Treibstoff von Apotheken bezogen werden, die aber selbst schnell in Lieferschwierigkeiten kamen.
– Die Feierlichkeiten zum 125-jährigen Jubiläum des Motor-Omnibusses in Siegen und Netphen sind wegen der Corona-Pandemie bis auf weiteres verschoben. Wer sich aber einen Eindruck vom 100-jährigen Jubiläum verschaffen möchte, schaut am besten hier rein: –