Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Seit mehr als zehn Jahren ist in jedem neuen Auto ein Reifendruckkontrollsystem ab Werk eingebaut. Das misst kontinuierlich den – na klar – Reifendruck. Aber warum überhaupt und wie funktionieren die unterschiedlichen Systeme?
Autoreifen können nur optimal funktionieren, wenn sie den richtigen Druck haben. Mit zu wenig Luft wird zwar die Auflagefläche auf der Straße größer, der Reifen verliert aber an Stabilität. Zudem steigt der Kraftstoffverbrauch, verlängert sich der Bremsweg, wird die Kurvenlage schlechter und die Reifen verschleißen schneller. Laut ADAC sorgt schon ein Minderfülldruck von etwa 0,4 bar für einen Mehrverbrauch von bis zu 0,3 Liter auf 100 Kilometer. Eine andere Statistik besagt, dass bis zu 40 Prozent aller Verkehrsunfälle in Verbindung mit zu geringem Reifendruck stehen und dass bei 0,4 bar zu wenig Druck Reifen 30 Prozent schneller verschleißen. Experten schätzen, dass etwa 80 Prozent aller Reifenpannen als Ursache einen zu geringen Reifendruck haben. Es gibt also gewichtige Gründe, sich um den richtigen Druck im Reifen zu kümmern. Deswegen galt früher: beim Tanken auch gleich den Reifendruck prüfen. Heute warnen Kontrollsysteme, wenn der Druck unter einen gewissen Schwellenwert sinkt. Dabei wird grundsätzlich unterschieden zwischen direkt und indirekt messenden Systemen.
Permanent und exakt
Bei direkten Systemen sitzt in jedem Reifen ein batteriebetriebener Druck- und Temperatursensor – meist direkt am Ventil. Der Sensor überträgt die Messwerte permanent per Funk an ein Steuergerät im Fahrzeug. Der Fahrende kann sich den exakten Reifendruck für jedes einzelne Rad im Display ansehen. Die Bordelektronik warnt akustisch und/oder über eine Warnleuchte, wenn der Druck eines oder mehrerer Reifen schleichend oder schnell abnimmt, oder die Temperatur ansteigt. Der Sensor misst mit einer Genauigkeit von rund 0,1 bar, manche sogar noch exakter. So wird der Fahrende bei bereits geringen Druck- oder Temperaturschwankungen gewarnt. Es gibt auch bei diesem System ein paar Nachteile: Die Batterie des Sensors muss nach etwa sechs bis zehn Jahren ausgetauscht werden. Da Gehäuse und Batterie meist fest miteinander verklebt sind, lässt sich die Batterie nicht beschädigungsfrei wechseln – also muss die Werkstatt den kompletten Sensor tauschen. Zweiter Nachteil ist, dass wegen der Ausrüstungspflicht beide Rädersätze, also Sommer- wie Winterräder, mit den Sensoren ausgerüstet sein müssen. Das kostet. Auch ein Radwechsel in Eigenregie ist bei vielen Fahrzeugmodellen nicht mehr möglich, weil die Sensoren im Rad mit einem speziellen Gerät an ihre Position (vorne/hinten, rechts/links) angelernt werden müssen.
Günstiger, aber träge und unpräzise
Indirekte Reifendruckkontrollsysteme nutzen Daten von vorhandenen Sensoren zur Berechnung des Reifendrucks. Dabei handelt es um die Raddrehzahlsensoren des ABS- oder ESP-Systems, die die Drehzahlen jedes einzelnen Rads überwachen. Das System misst also nicht den tatsächlichen Reifendruck, sondern erkennt nur Abweichungen von der normalen Drehzahl. Dabei vergleicht es die Drehzahlen der einzelnen Räder miteinander. Ein Reifen mit geringerem Luftdruck hat einen kleineren Abrollumfang und dreht sich daher schneller als ein Reifen mit korrektem Druck. Es gibt auch Systeme, die das Schwingverhalten der einzelnen Reifen mit in die Berechnung einfließen lassen. Neue Systeme verfügen über eine sogenannte Spektrum-Analyse, die bestimmte, druckabhängige Reifenschwingungen überwacht. Der Vorteil beim indirekten System: Es entstehen dem Fahrzeughalter keine zusätzlichen Kosten für Sensoren oder beim Reifen- und Radwechsel. Aber die indirekten Systeme haben auch Nachteile. So wird erst bei rund 30 Prozent Druckverlust eine Warnmeldung ausgegeben. Zudem reagieren die Systeme träge, was bei einem plötzlichen Druckverlust fatal sein kann – etwa bei einer Autobahnfahrt. Problematisch ist auch der schleichende Druckverlust, der an allen Rädern in gleicher Weise auftritt und somit die Differenz zwischen den Rädern gering hält. Das heißt aber auch, dass die Autofahrenden nicht um eine regelmäßige Kontrolle des Reifendrucks herumkommen. Bei allen indirekten Systemen muss der Fahrende bei einer Anpassung des Luftdrucks einen Reset durchführen. Das System lernt dann die aktuellen Werte als Referenz.



