Sekundenschlaf ist eine häufige Unfallursache. Diesem Problem wirken Müdigkeitswarnsysteme erfolgreich entgegen. Inzwischen haben sich zwei Varianten dieser Helfer etabliert.
Mercedes präsentierte 2009 ein neues Assistenzsystem namens Attention Assist, das den Autofahrer genauer überwacht und ihn bei Anzeichen von Müdigkeit zur Pause auffordert. Diese innovative Funktion war eine direkte Antwort auf das Risiko des gefährlichen Sekundenschlafs, das viele Fahrer oft unterschätzen – bis es zu spät ist und zu tragischen Verkehrsunfällen führen kann. Mit dieser neuen Technologie werden Autofahrer rechtzeitig vor dieser Gefahr gewarnt und für regelmäßige Fahrpausen sensibilisiert. Seit 2022 ist dieses System sogar obligatorisch für neuentwickelte Fahrzeuge und ab Juli 2024 für alle Neuwagen. Die Funktionsweise dieser Systeme ist in aktuellen Fahrzeugen im Vergleich zu den früheren Müdigkeitswarnern anders.
Müdigkeit am Lenkverhalten erkennen
Frühere Müdigkeitswarner wie der Attention Assist von Mercedes analysieren vor allem das Lenkverhalten. Wenn ein Fahrer müde oder unaufmerksam ist, zeigen sich spezifische Lenkmuster, die sich von aufmerksamen Fahrern unterscheiden. Eine längere Phase mit wenig oder gar keiner Lenkbewegung, gefolgt von plötzlichen Korrekturen, kann der Assistent als Anzeichen von Müdigkeit interpretieren. Das System nutzt dafür die bereits im Fahrzeug vorhandenen Lenkwinkelsensoren. Zusätzlich werden auch das Blinkverhalten, die Beschleunigung während des Spurwechsels, die Tageszeit und die Geschwindigkeit in die Analyse einbezogen. Wenn sich die Anzeichen von Müdigkeit im Lenkverhalten häufen und einen bestimmten Schwellenwert überschreiten, gibt das Bordcomputersystem einen Alarm aus. Oft erscheint dann auf dem Display eine dampfende Kaffeetasse als Hinweis darauf, eine Fahrpause einzulegen. Häufig begleitet ein Warnton die grafische Warnung und in einigen Fällen vibriert sogar das Lenkrad.
Kameras in Aktion: fortschrittliche Fahrerüberwachung
Moderne Fahrerüberwachungssysteme setzen nicht mehr hauptsächlich auf die Analyse des Lenkverhaltens, sondern verwenden stattdessen Kameras. Dieser Wechsel kommt aufgrund der gesetzlichen Anforderungen an In-Cabin-Sensing-Systeme (ICS), die insbesondere bei automatisierten Fahrfunktionen auf Level 3 eine wichtige Rolle spielen sollen. Level 3 erfordert, dass der Fahrer jederzeit in der Lage sein muss, die Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen. Die ICS-Technologie kann kontinuierlich überprüfen, ob der Fahrer dazu wirklich in der Lage ist. Dazu überwacht eine im Cockpit oder im Rückspiegel integrierte Kamera den Fahrer, auch bei Dunkelheit dank Infrarottechnologie. Anhand der Mimik und Körperhaltung kann das System erkennen, ob der Fahrer möglicherweise müde wird. Typische Anzeichen dafür sind häufiges Gähnen oder Blinzeln. Wenn die Kameraüberwachung vermehrt solche Gesten erkennt, gibt das Bordcomputersystem grafische Warnungen aus, begleitet von Warntönen und empfiehlt eine Pause.
Strafen bei Unfällen
Sekundenschlaf kann schwerwiegende Folgen haben und gilt mit Unfallfolge als Straftat (§ 315c StGB). Hier droht neben dem Bußgeld auch der Entzug der Fahrerlaubnis. Im Fall von fahrlässiger Körperverletzung oder schweren Schäden an fremdem Eigentum ist sogar eine Freiheitsstrafe möglich. Auch Kfz-Versicherungen zahlen nicht, da Sekundenschlaf als grobe Fahrlässigkeit gilt.
Warnzeichen frühzeitig selbst erkennen
Müdigkeitswarner sind eine großartige Unterstützung, dennoch solltet ihr selbst aufmerksam auf Anzeichen von Müdigkeit achten. Wer eines oder mehrere der folgenden Symptome bemerkt, sollte sofort eine Pause einlegen.
- Vermehrtes Gähnen: Der Körper braucht mehr Sauerstoff
- Tunnelblick: Müdigkeit beeinträchtigt die Wahrnehmung
- Plötzliches Frösteln: Ein Indikator für Müdigkeit
- Gedächtnislücken der letzten Kilometer: Zeichen für Sekundenschlaf
- Ständige Tempowechsel: Unbewusste Reaktion auf Müdigkeit
- Dichtes Auffahren: Reaktionsverlangsamung durch Müdigkeit
- Unscharfes Sehen: Müdigkeit beeinträchtigt die Sehfähigkeit
- Überfahren von Fahrspuren: Ein Hinweis auf Sekundenschlaf
- Eindruck von engen Straßen: Müdigkeit beeinflusst die Raumwahrnehmung
- Abschweifende Gedanken: Ein Zeichen von Nachlassen der Konzentration
- Übersehen von Verkehrsschildern: Müdigkeit verhindert die richtige Wahrnehmung
- Schlechte Stimmung: Müdigkeit beeinflusst die Emotionen negativ
- Schwere und brennende Augen: Müdigkeit kann zu trockenen und gereizten Augen führen
Sekundenschlaf verhindern
Gegen Sekundenschlaf wirkt am besten eine Pause mit Bewegung. Auch ein kurzer Schlaf kann Wunder bewirken – jedoch maximal 20 Minuten, damit ihr nicht in die Tiefschlafphase kommt. Denn sonst dauert es wesentlich länger, wieder wachzuwerden. Wenn ihr zu zweit oder mit mehreren Personen unterwegs seid, bietet sich ein Fahrerwechsel an. Auch Gespräche mit Mitfahrenden oder Musik und Podcast hören, kann euch wieder wacher machen. Energy Drinks und übermäßiger Kaffeekonsum geben nur einen kurzfristigen Schub und sorgen anschließend oft für ein größeres Tief. Grundsätzlich ist ein gesunder und erholsamer Schlaf wichtig.