Dazzle-Muster auf den Schiffen des Ersten Weltrkriegs. Bild: BMW

Erlkönig:
Meister der Tarnung

„Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?“ – Diese Zeile aus Johann Wolfgang von Goethes „Erlkönig“ wird wohl jedem bekannt sein. Doch der Erlkönig, um den es sich in unserem Beitrag handelt, reitet nicht – er fährt. Der getarnte Prototyp eines Autos sorgt mit seiner besonderen Folierung für Aufsehen. Was hat es damit eigentlich auf sich?

Neues Jahr – neue Autos. 2022 werden voraussichtlich einige neue Kraftfahrzeuge auf dem Markt erscheinen. Demnach könnte es sein, dass wir hin und wieder Prototypen auf den Straßen sehen. Denn die Hersteller können die neuen Automodelle nämlich nur bis zu einem gewissen Punkt unter Ausschluss der Öffentlichkeit testen. Im späteren Erpobungsprozess ist es wichtig, dass die Fahrzeuge im Straßenverkehr werden sie als Erlkönige getarnt. Diese besondere Optik bezeichnet eine Tarnfolie, die Hersteller häufig für ein neu entwickeltes Auto nutzen, das gerade neu entwickelt wurde. Was diese Folie genau bewirkt, und woher der Name „Erlkönig“ kommt, haben wir für euch mal recherchiert.

Der Usprung der verwirrenden Kunst

Das sogenannte „Dazzle“-Muster (englisch dazzle = verwirren, blenden) stammt bereits aus dem Ersten Weltkrieg. Der britischen Künstler Norman Wilkinson erfand dieses Muster während eines Marineeinsatzes. Ursprünglich wollte er damit die Kriegsschiffe vor Feinden tarnen. Dadurch sollten Angreifer weder Größe, Form noch Fahrtrichtung des Schiffs erahnen können.

Bild: Daimler
Bild: Daimler

Täuschungsmanöver

Dieses irritierende Muster der damaligen Kriegsschiffe wird zur heutigen Tarnung der Autos verwendet, um sie vor neugierigen Blicken zu schützen. In diesem Fall sind Journalist:innen die „Feinde“. Siewerden so davon abgehalten, Bilder von neuen Automodellen vorab zu erhaschen und zu veröffentlichen. Durch die optische Täuschung sind Details nicht mehr identifizierbar. Die Autofolie sorgt dafür, dass Informationen zum neusten Design und zu technischen Besonderheiten trotz öffentlicher Probefahrten weiterhin geheim bleiben. Meist wird das gesamte Auto foliert, in manchen Fällen jedoch nur einige veränderte Teile. Die Spezialfolien sind Großteils schwarz-weiß. Das stellt den größten Kontrast für das menschliche Auge dar.

Alternative Tarnung

Hin und wieder werden in frühen Entwicklungsphasen statt der Dazzle-Folierung auch Hartschalen-Teile eingesetzt, die die Form des Autos ebenfalls unkenntlich machen. Diese werden jedoch immer seltener verwendet, da die Hartschalen den Nachteil haben, dass sie schwer sind. Das zusätzliche Gewicht stört die Anströmung, wodurch die Probefahrt beeinflusst werden kann. Einer der Gründe, warum sich die Tarnfolie schnell durchgesetzt hat.

Bild: Daimler

Goethe als Namensgeber

Die ersten Bilder eines getarnten Prototyps des Modells „Mercedes-Benz 180“ druckte das Magazin „auto, motor und sport“ in den 1950er-Jahren. Dort erschien auch erstmals in diesem Zusammenhang die Bezeichnung „Erlkönig“. Was Johann Wolfgang von Goethe dazu wohl gesagt hätte, wissen wir zwar nicht. Auf jeden Fall gab er die Inspiration dafür. Denn die Vorlage für den Namen „Erlkönig“ gab tatsächlich seine gleichnamige Ballade aus dem Jahr 1782. Motorjournalist und Chefredakteur Heinz-Ulrich Wieselmann schrieb zu den Bildern der Prototypen einen kleinen Achtzeiler. So entstand aus Goethes Zitat „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?“ in Bezug auf die Erprobungsfahrzeuge der Slogan „Wer fährt da so rasch durch Regen und Wind?“.

Bild: BMW

Fun-Fact

In der Surfer-Branche ist das Tarnmuster für deren Anzüge ebenfalls sehr beliebt. Auch dort sorgt die Musterung für maximale Verwirrung – nämlich bei Haien! Dadurch sollen Surfer:innen vor Haiangriffen geschützt werden.

Titelbild: BMW
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1 Kommentar

  1. Wir wollen gerne einen KAMAG Wiesel. Leider sollten wir diesen jedoch tarnen. Durch den Beitrag haben wir einiges über das Dazzle gelernt.

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