Diesel, Dosenkaffee, Debrecziner: Tankstellen stillen den Spritdurst des Autos und sind da, wenn man mal wieder den Wochenendeinkauf vergessen hat. Zeit für ein kleines Dankeschön.
Ja, Tankstellen helfen einem wirklich oft aus der Patsche. Wie es scheint, war das schon immer so. Zumindest, seit es das Auto gibt. Selbst als Bertha Benz 1888 auf der ersten Fernfahrt der Automobilgeschichte der Sprit ausging, konnte sie sich auf die Tankstelle ihres Vertrauens verlassen. Natürlich kam diese noch ohne die leuchtenden Spritpreis-Tafeln oder dicken Neon-Buchstaben der Mineralöl-Konzerne aus. Vielmehr stand – und steht bis heute – über der Eingangstür der ersten Tankstelle der Welt: Stadt-Apotheke Wiesloch. Und statt E10 und Super-Bleifrei bestellte Benz damals zehn Liter Ligroin, eine Art Waschbenzin für die Reinigung von Kleidung. Ob die Apotheke damals auch Schokoriegel und Cappuccino im Angebot hatte, wissen wir allerdings nicht.
Eine Milchkanne voll Benzin
Bis etwa 1900 war es üblich, sich den Sprit in der Apotheke zu besorgen. Erst danach entstanden auch andere Verkaufsstellen für Treibstoff, etwa Drogerien, Fahrradhandlungen oder Kolonialwarenläden: „Zwei Tafeln Schokolade und fünf Liter Sprit, bitte“, hieß es also auch damals schon. Nach und nach wurde auch ein neuer Berufszweig immer erfolgreicher – nicht zuletzt, weil sie zuverlässig Benzin und Co. anboten: Autowerkstätten. Sie entwickelten sich damals aus Schmieden oder Schlossereien und boten fußgepumpten Sprit aus dem Fass an. Vielfahrer hatten gelegentlich sogar eine eigene Zapfanlage in der Garage. Sicherheit? Damals Fehlanzeige. Als Kraftstoffbehälter dienten beliebige Kanister, alte Glaskaraffen oder ausgemusterte Milchkannen. Erst als es immer häufiger zu schweren Unfällen kam, verschärfte man die Vorschriften für den Umgang mit den leicht entzündlichen Flüssigkeiten.
Die ersten Handpumpensäulen gab es in Deutschland in den 1920er Jahren. Immer öfter wurden Zapfanlagen direkt vor Läden am Straßenrand oder auf dem Bürgersteig aufgebaut. Statt lästig mit Kanistern und Trichtern zu hantieren, konnte der Sprit nun direkt in den Vorratstank der Fahrzeuge gepumpt werden. Das erste Tankhäuschen, das auch tatsächlich den Namen „Tankstelle“ trug, stellte das deutsche Mineralölunternehmen OLEX 1922 in Hannover auf. Es ähnelte einem Kiosk und bot außer Sprit auch noch Schmierstoffe an – und sonst nix. Keine Kekse, keine Boulevard-Blättchen. Kein Wunder, dass diese kleinen Tanken rasch von der Bildfläche verschwanden. Nämlich ab etwa 1927. Das war das Geburtsjahr der sogenannten Großtankstellen – und damit der Zapfstationen, wie wir sie heute kennen. Mit verschiedenen Zapfsäulen, separater Zu- und Abfahrt, einem kleinen Verkaufshäuschen, Preistafeln und allem Pipapo. Die Branche boomte, sodass es Ende der 1930er Jahre rund 60.000 Tankstellen in Deutschland gab.
Leuchtende Tankpaläste
Nach dem zweiten Weltkrieg war von der Tankstellen-Euphorie erst mal nicht viel geblieben. Der Sprit war rationiert, die Zahl der Autos gering. Fast die Hälfte aller Tankstellen waren im Krieg zerstört worden. Erst in der Zeit des Wirtschaftswunders florierte der Markt wieder. Und das durfte man dann auch sehen: Tankstellen waren vielerorts riesige, neonstrahlende Bauten. Aber selbst in diesen modernen Tankpalästen war lange Zeit noch ein Tankwart für die Befüllung verantwortlich. Erst seit den 1970er Jahren darf der Fahrer selbst zapfen.
Und heute? Man mag meinen: Je größer das Toast-und-Butter-Angebot in den Tankstellen wird, desto schneller sterben sie aus. Gab es 1970 noch rund 45.000 Tankstellen in Deutschland, sind es heute weniger als 15.000. Autos verbrauchen immer weniger Sprit und die Tanks wurden mit den Jahren immer größer. Die Anpassung an neue Automobiltechnologien ist in der Branche also so gefragt wie nie. Wie sich das Bild der Tankstelle in den kommenden Jahrzehnten verändern wird, wissen wir natürlich nicht. Ökostrom-Zapfsäulen an allen Ecken? Coffee to fly für die treusten Kunden? Wir hoffen jedenfalls, dass uns die freundlichen Damen und Herren von der Tanke noch lange erhalten bleiben. Das wäre echt super. Nein, sogar: Super-Plus!