Wie entstehen unsere Autos? Wie hat sich die Automobilproduktion entwickelt und wie wird sie sich in Zeiten der Transformation der Mobilität verändern?
Wenn es doch immer so einfach wäre: 100 Teile und das Auto steht da wie eine Eins. Was in der 1:43-Spielzeugwelt mit ein wenig Klebstoff, Bastelmesser, Pinzette und etwas Geschick leicht von der Hand geht, ist im Maßstab 1:1 eine echte Herausforderung. Ein modernes Auto besteht heute aus vielen verschiedenen Materialien und weit mehr als 10.000 Teilen – je nach Ausstattung und Hersteller manchmal sogar aus bis zu 30.000. Die Herstellung von Automobilen war und ist hochkomplex. Wie entstehen unsere Autos? Was bedeutet die Transformation der Mobilität für den Herstellungsprozess von SUV, Van, Cabrio, Kombi & Co? Wie wird das die Automobilproduktion verändern?
Am laufenden Band
In einem Beitrag zum Thema Automobilproduktion darf ein Name nicht fehlen: Henry Ford. 1913 hat er die Produktionsmethoden für sein „Model T“– auch Tin Lizzy (Blechliesel) genannt – revolutioniert, indem er die Fließbandarbeit eingeführt hat. Er hat aus dem Luxusgut Automobil ein erschwingliches Massenprodukt gemacht. Nicht nur das: Er legte den Grundstein für den Aufschwung einer ganzen Industrie, die über Jahrzehnte und bis heute ganze Wirtschaftsregionen prägt. Das Fließband wurde zum Inbegriff der Massenfertigung.
Schweinehälften als Vorbild
Eine Erfindung Henry Fords war das Fließband indes nicht. Inspiriert haben ihn Schweinehälften, genauer der Besuch auf einem der riesigen Schlachthöfen in Chicago, wo „Fließarbeit“ schon zum Standard gehörte. Dort wurden Rinder und Schweine über ein Förderband von einer Arbeitsstation zur nächsten transportiert, schrittweise zerlegt und in Konserven verpackt. Dieses Prinzip wandte Ford ab Januar 1914 auch auf den Herstellungsprozess seines schon seit 1908 produzierten Model T an: Ein Transportband beförderte die Werkstücke von einem Arbeiter zum nächsten, der nur für wenige Handgriffe zuständig war. Von diesem Prinzip, die Bewegungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren, versprach sich Ford höhere Produktivität und Stückzahlen.
Ein Tag – ein Dollar, ein Jahr – ein Ford
Der Erfolg gab ihm recht: Alleine mit dem ersten handbetriebenen Förderband halbierte sich die Produktionszeit für ein Model T von mehr als zwölf auf unter sechs Stunden. Steigende Produktionszahlen bescheren der Ford Motor Company daraufhin satte Gewinne. Ford kann nun viel günstiger als die Konkurrenz produzieren und reduziert die Preise von 850 Dollar im Jahr 1908 auf 300 Dollar kurz nach Einführung der Fließbandproduktion 1914. Jetzt können sich sogar die Arbeiter bei Ford ein Model T leisten, was das Unternehmen im Werbeslogan „Ein Tag – ein Dollar, ein Jahr – ein Ford“ zum Ausdruck brachte.
Blechliesel lehrt Laubfrosch und Käfer
1925 – also ganze 17 Jahre nach seine Einführung – ist jedes zweite Auto auf der Welt ein Model T von Ford. Ein Beleg dafür, wie sehr Fords Produktionstechniken auf Basis von Fließbandarbeiten die Autoindustrie revolutioniert haben. 1924 feiert das erste Fließband in einem deutschen Autowerk Premiere. Opel fertigt mit dem Opel 4/12 PS – auch Laubfrosch genannt – erstmals ein Modell auf diese Art. Auch Volkswagen setzt auf diese Produktionstechnik: Der 1953 vorgestellte VW Käfer läuft in Wolfsburg millionenfach vom Band.
Es dauert immerhin bis 1972, bis VW den bis dahin geltenden Produktionsrekord von Ford mit seiner Blechliesel aus dem Jahre 1927 übertrifft und den 15 Millionsten Käfer verkauft.
Das große Basteln geht weiter. Hier geht’s zu Teil 2.