Bssssss, piep piep piep, klack. Unser Auto gibt ständig Geräusche von sich. Damit möchte es uns auf etwas hinweisen. Worauf? Das weiß Angelo D’Angelico, der sich mit Auto-Sounddesign beschäftigt.
Ich beschleunige“, „ich breeeemseeee“ – je nachdem, wie sich unser Auto verhält, klingt es unterschiedlich. Und wir können den Klang deuten, zumindest bei Verbrennungsmotoren. Aber auch Elektroautos müssen per EU-Verordnung aus Sicherheitsgründen Geräusche produzieren, die uns auf das Fahrverhalten hinweisen. Wie sich das anhört, ist kein Zufall. Autohersteller scheuen keine Kosten und Mühen für das perfekte Auto-Sounddesign.
Auto-Sounddesign: der Experte
Angelo D‘Angelico berät seit 20 Jahren vom Auto- bis zum Kekshersteller alle, die Interesse an akustischer Gestaltung haben. Seine 2011 der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen vorgetragene Studie zu Gefahren geräuscharmer Fahrzeuge und seine Vorschläge zu „der Art“ von Zusatzklängen beeinflussten maßgeblich die weltweit gültige AVAS-Richtlinie (Acoustic Vehicle Alerting System) zu Mindestsoundemissionen von Fahrzeugen.
Herr D’Angelico, der Motorsound beschallt die nähere oder weitere Fahrzeugumgebung. Warum ist das so wichtig?
Im Außenbereich geht es um die Kommunikation des Fahrzeugs hin zu Dritten. Zum einen muss der Sound des Fahrzeugs zur Automarke passen. Zum anderen geht es aber auch um Sicherheit: Geräusche spielen bei allen Verkehrsteilnehmern eine entscheidende Rolle. Egal ob Fußgänger, Radfahrer und sogar der Hund des Nachbarn: Alle orientieren sich über ihr Gehör. Deshalb ist es wichtig, dass sie anhand der Motorgeräusche erkennen, wann ein Auto beschleunigt oder abbremst.
Bei Elektroautos gibt es keine Motorgeräusche, weshalb sie künstliche Klänge produzieren. Wie klingen diese?
Elektroautos müssen Warngeräusche erzeugen, damit sie bei niedrigen Geschwindigkeiten schlichtweg nicht überhört werden. Das Ganze nennt sich AVAS – Acoustic Vehicle Alerting System – und ist gesetzlich vorgeschrieben. Dieser Klang ist reglementiert, schließlich sind wir alle auf die Drehzahlen eines Motors konditioniert. Anhand derer schätzen wir nämlich die Bewegung eines Fahrzeugs ab. Der Klang muss also der Fahrsituation eines klassischen Verbrennungsmotors, zum Beispiel beim Beschleunigen oder Bremsen, entsprechen. Denn wie sich das anhört, haben wir im Laufe unseres Lebens gelernt.
Fahrzeughersteller können also nicht ihren individuellen E-Auto-Sound komponieren?
Doch, das können sie. Zusatzklänge sind nämlich erlaubt bis zur Höchstgrenze der Schallemission von Verbrennungsmotoren. Das gibt Herstellern und Auto-Sounddesignern die Möglichkeit, einen markentypischen und unverwechselbaren Klang zu komponieren. Aktuell fokussieren sich viele auf elektronische Klänge und statten die Fahrzeuge mit Lautsprechern aus. Das Auto ist also eine Box auf vier Rädern. Diese elektronischen Geräusche können aber niemals das Klanggefühl eines real vorhandenen Motors vermitteln.
Der Klang spielt ja nicht nur im Außen-, sondern auch im Innenbereich eine große Rolle. Warum ist es überhaupt so wichtig, dass Autos gut klingen?
Wie eben schon angesprochen, verlassen wir uns bei der Wahrnehmung unserer Umwelt auf unsere Sinne. Und das nicht nur zur Sicherheit, sondern auch um einen Eindruck von einem Auto zu bekommen. Das Hören spielt dabei eine wichtige Rolle. Wenn wir uns ein Auto kaufen, nehmen wir nicht nur das Aussehen oder den Geruch wahr, sondern auch den Klang. Und der sollte unseren Erwartungen entsprechen. Denn wer sich für einen Sportwagen entscheidet, möchte einen sportlichen Sound. Wer sich für eine komfortable Limousine entscheidet, möchte einen edlen Klang und im Innenraum möglichst keine Motorgeräusche wahrnehmen.
Nehmen wir an, Sie haben die Erwartungen der Kunden definiert. Was passiert dann, bis der perfekte Sound entsteht?
Außer den Erwartungen der Kunden muss man beim Auto-Sounddesign natürlich einige Rahmenbedingungen berücksichtigen: Wie viel Platz haben die einzelnen Komponenten? Wie viel Geld steht zur Verfügung? Worauf liegt die Priorität? Und dann geht es sehr schnell ins Technische. Nehmen wir das Schließen einer Tür als Beispiel: Hier kann man an der Scharnierkonstruktion arbeiten, um der Tür einen eigenen Klang zu verleihen. Oder den Gurtzug: Ein spezielles Klicken wäre individuell, würde aber in der Fertigung womöglich mehr Zeit beanspruchen und damit auch mehr Geld kosten. Es ist eine Abwägung. Aber der Sound ist für die Differenzierung immer wichtiger geworden, weshalb Hersteller großen Wert darauf legen.
Blicken wir zum Schluss in die Zukunft und auf das autonome Fahren. Was bedeutet das fürs Auto-Sounddesign?
Das autonome Fahren wird unsere Kommunikation mit dem Auto intensivieren. Und dazu braucht es verschiedene Klänge, die eine Warn-, eine Bestätigungs- oder Aufmerksamkeitsfunktion erfüllen. Denn wenn der Fahrer zum Mitfahrer wird, lässt die Konzentration am Verkehrsgeschehen merklich nach. Er kann stattdessen andere Sachen machen wie Lesen oder Videos schauen. Das Auto muss dann den Fahrer mithilfe akustischer Signale auf dem Laufenden halten, was um ihn herum passiert, oder im Fall einer Gefahrensituation warnen. Aber auch andersherum muss das Auto mithilfe eines Bestätigungstons zeigen, dass es die Befehle des Insassen verstanden hat. In Summe wird dafür ein Katalog mit vermutlich 50 bis 60 Klängen entstehen, die markentypisch sind und sich in ihrer Botschaft an den Mitfahrer unterscheiden. Das wird für Sounddesigner eine tolle Aufgabe werden.
Für alle, die Mehr zum Thema Auto-Sounddesign erfahren wollen, gibt Audi einen Einblick in das Sounddesign ihrer Elektroautos. Die Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen zeigt in einem Klangbeispiel, wie sich Elektroautos anhören können. Zum Vergleich: Der ID.3 von Volkswagen klingt so. Mercedes zeigt den direkten Vergleich zwischen Verbrennungsmotor und E-Auto: