E-Mobilität: Immer Ärger an der Strom-Zapfsäule

Immer Ärger
an der Strom-Zapfsäule

Die E-Auto-Verkäufe in Deutschland beschleunigen sich rasant, die öffentliche Lade-Infrastruktur hechelt hinterher. Die vielen neuen E-Mobilisten finden einen unübersichtlichen Markt vor – und zunehmend unattraktive Fahrstrom-Tarife.   

Der Verkauf von Fahrstrom am Straßenrand ist in Deutschland kein gutes Geschäft. Schon heute gibt es zu viele teuer gebaute Ladesäulen für immer noch zu wenige potenzielle Kunden. Und das Missverhältnis aus Sicht der Betreiber dürfte künftig eher noch zunehmen. Aktuell leidet darunter nicht zuletzt die Kunden: Die Tarife für das öffentliche Strom-Zapfen werden für sie immer unattraktiver.   
Den ersten großen öffentlichen Ärger gab es Anfang 2020, als der Schnellladesäulenbetreiber „Ionity“ die Strompreise für Nicht-Vertragskunden auf 79 Cent pro Kilowattstunde anhob. Plötzlich schien das Fahren eines E-Autos teurer als der Betrieb eines Benzin-Sportwagens: Für ein durchschnittliches Batterie-Mobil führt dieser Kurs zu Energie-Kosten von rund 16 Euro pro 100 Kilometer. In der Folge nahmen einige Roaming-Anbieter die „Ionity“-Säulen aus dem Programm oder erhöhten die Preise noch einmal massiv.  

Tarif-Wildwuchs

Generell steht der E-Mobilist also unter dem Druck, die Augen offen zu halten und Änderungen schnell zu registrieren. Der E-Mobilitätsprovider EnBW etwa hat im Herbst eine sogenannte Blockier-Gebühr eingeführt. Wer mehr als vier Stunden an der Ladesäule steht, zahlt eine Strafe, die sich auf bis zu zwölf Euro summiert. Strom gibt es in dieser Zeit nicht. Kunden ohne eigene Wallbox, die ihr E-Mobil über Nacht am Straßenrand laden, mussten sich einen neuen Anbieter suchen oder wieder zurück auf einen Benziner wechseln. Die Erklärung für den Tarif-Wildwuchs ist einfach: Das Geschäft mit dem Fahrstrom ist keines. Zumindest noch nicht.

Zu wenig Ladepunkte

Der Verkauf am Straßenrand lohnt sich für Ladesäulenbetreiber („Charge Point Operator“, CPO) einfach nicht. „Von einem wirtschaftlichen Betrieb der öffentlichen Ladeinfrastruktur sind wir noch deutlich entfernt“, erklärt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Ihm zufolge wären für eine wirtschaftliche Auslastung der 33.000 öffentlichen Ladepunkte rund 550.000 vollelektrische Fahrzeuge notwendig. Es gibt aktuell aber nur knapp die Hälfte. Und somit viel zu wenig potenzielle Kunden. Die Situation wird sich kurzfristig kaum ändern: Denn parallel zum Flottenwachstum wird der Ladesäulenwald aufgeforstet. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wird sich also für die Betreibe zunächst nicht verbessern. 

Markt entwickelt sich noch

Die Bundesnetzagentur hält die Situation zum jetzigen Zeitpunkt für normal. Schwankende Ladepreise seien in frühen Phasen eines sich entwickelnden Marktes oftmals zu beobachten, heißt es im Anfang 2021 veröffentlichten Monitoringbericht zum Strommarkt. Einige Wochen zuvor hatte die Behörde allerdings auch eine mögliche Lösung aus der verbraucherunfreundlichen Situation skizziert: eine freie Anbieterwahl der Kunden an jeder öffentlichen Ladesäule. So, wie es auch beim Haushaltsstrom der Fall ist. E-Autofahrer könnten so an jeder Säule bei seinem Haus-und-Hof-Lieferanten zu einem einheitlichen Vertragspreis tanken – ohne böse Überraschungen und ohne Aufwand bei der Preisrecherche. Zumindest technisch und rechtlich sieht die Netzagentur in einem Beschluss aus dem Dezember kein Problem für derartige Belieferungen. Ein entsprechendes Abwicklungsmodell hat sie an gleicher Stelle bereits skizziert.   

Steuern reduzieren

Abhilfe könnten auch regulative Änderungen bringen, findet der BDEW und will vor allem Steuern und Abgaben auf den Fahrstrom reduzieren. Zurzeit sind mehr als 50 Prozent des Strompreises staatlich verursacht. Um diese zu reduzieren, sollte die EEG-Umlage nach Ansicht des Verbands eingefroren und die Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Minimum gesenkt werden. Das würde auch die E-Mobilisten entlasten, die zuhause laden. Denn auch dort steigen die Strompreise seit Ende der 90er-Jahre kontinuierlich. 2020 zahlte der durchschnittliche Privatkunde knapp 32 Cent pro Kilowattstunde (Industrie ohne EEG-Befreiung 14 Cent, mit 12 Cent) – 1,09 Cent mehr als ein Jahr zuvor. 

Titelbild: ADAC
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