Das könnte die Zukunft im Fahrzeugbau werden: Komplexe Bauteile werden nicht mehr gegossen und manuell weiterbearbeitet, sondern zeitsparend gedruckt. Der Technologiekonzern und Automobilzulieferer Bosch hat einen ersten 3-D-Hochleistungsdrucker für Metallteile in Betrieb genommen.
Zugegeben, das Szenario ist noch mit Zukunftsmusik untermalt, doch Bosch geht einen ersten Schritt in seine industrielle Zukunft. Der Technologiekonzern verspricht sich mehr Schnelligkeit, Präzision, Flexibilität und Ressourceneffizienz, wenn Metallbauteile im 3-D-Druck hergestellt werden. Mit dem neuen Drucker im Produktionswerk Nürnberg ist Bosch der erste große Automobilzulieferer in Europa, der über eine Anlage dieser Leistungsklasse verfügt. Knapp sechs Millionen Euro lässt Bosch sich das Metall-3D-Druckzentrum mit dem Drucker NXG XII 600 des Herstellers Nikon SLM Solutions kosten.
Prototypenfertigung über Nacht
Besonders anschaulich werden die neuen Möglichkeiten am Beispiel eines Motorblocks: In der konventionellen Produktion können vom ersten Entwurf des Gussteils bis zur Serienproduktion bis zu 36 Monate vergehen. Allein die Konstruktion und Herstellung der Gussform dauert mindestens ein Jahr. Mit dem 3-D-Druck lässt sich dieser Schritt einfach überspringen. Die Konstruktionsdaten aus den Entwicklungsabteilungen gehen direkt an den Drucker, der sich werkzeuglos an die Arbeit macht. Bis zum fertigen Motorblock-Prototypen vergehen nur noch wenige Tage statt bisher Monate. Kleinere Aggregate werden sogar über Nacht fertig.
Neue Möglichkeiten der Formgebung
Bosch setzt den Hochleistungs-Metalldrucker zunächst als Entwicklungswerkzeug für den Prototypenbau ein, um Produkte schneller marktreif zu machen. Im Druck sind Geometrien möglich, die mit herkömmlicher Fräs- oder Bohrtechnik gar nicht herzustellen wären. Die zwölf Laser des Druckers schmelzen feines Metallpulver und bauen auch komplexeste Formen Schicht für Schicht und hochpräzise übereinander auf. Die Produktionsgeschwindigkeit von 1000 ccm (= 1 Liter) Metallpulver pro Stunde erscheint Laien nicht unbedingt atemberaubend, dennoch ist die neue Anlage etwa fünfmal schneller als bisher in der Industrie verwendete 3D-Drucker.
Ressourceneffizient und auch in kleinsten Stückzahlen machbar
Auf lange Sicht plant Bosch, die Technologie auch in der Großserienfertigung von Motorgehäusen oder Motorbauteilen einzusetzen. Neben der schnelleren und flexibleren Produktion spricht auch die Ressourceneffizienz für den Druck von Metallteilen: Es entsteht nahezu kein Metallabfall, der aufwändig recycelt werden muss. Auch der Energiebedarf ist geringer als in der Herstellungskette von gegossenen Teilen. Faszinierend ist darüber hinaus die Option, Kleinstserien oder Einzelstücke wirtschaftlich herzustellen. Der Metalldruck braucht keine Werkzeuge und keine Gussformen, lediglich Konstruktionsdaten. Weil auch Scanner immer leistungsfähiger werden, könnte man eines Tages eine Vorlage scannen, den Scan in eine Konstruktionsdatei wandeln und die Kopie im Handumdrehen im 3D-Drucker herstellen. Doch das ist nun wirklich noch Zukunftsfantasie.